Predigt des Apostolischen Nuntius
Überall in der Bibel, vom Anfang bis zum Ende, finden wir Hinweise zu Engeln. Die Gegenwart und das Handeln von Engeln erscheint im Alten und im Neuen Testament, im Leben und Handeln unseres Herrn, in den Briefen des Hl. Paulus, in der Apostelgeschichte sowie in der Apokalypse, dem Buch der Offenbarung, dem letzten Buch der Bibel.
Aber einen besonderen Raum gibt die Heilige Schrift den drei Erzengeln Gabriel, Raphael und Michael.
- Gabriel ist der Erzengel, den wir aus dem Angelus-Gebet kennen. Er ist „der Engel des Herrn, der sich Maria offenbart“, der die Nachricht von der Geburt des Messias überbringt, dass Gott unter uns sein wird um uns zu retten.
- Raphael ist der Erzengel, der Tobias begleitet hat, den Sohn des Tobit, von Ninive nach Ekbatana, um Sarah zu heiraten. Raphael machte Tobit wieder sehend und befreite Sarah vom Dämon, der Tobias in der Hochzeitsnacht töten sollte.
- Schließlich Michael, den wir aus der Apokalypse kennen: Er ist der siegreiche Fürst der himmlischen Heerscharen, der gegen den gefallenen Engel Satan kämpft.
Und weil wir heute das Fest des hl. Erzengels Michael feiern, des Patrons dieser Pfarrgemeinde, wollen wir unsere Aufmerksamkeit ihm zuwenden.
Der Name Michael bedeutet „Wer ist wie Gott?“, wie Gott. Und die Bedeutung seines Namens zeigt sich in gewisser Weise im Handeln des Erzengels. Michael – wie Gott – ist unser Beschützer, der „große Engelfürst“, der „Anführer der himmlischen Heerscharen“, wie wir im Buch Daniel lesen. Er ist der Engel, der als erster unter den anderen Engeln wie Gott handelt, indem er die Unschuldigen verteidigt.
Michael – wie Gott. So wie Gott ist er der Beschützer, der Verteidiger, dessen Hilfe wir so benötigen. Wir wollen, dass er bei uns ist, wenn wir uns darum bemühen, unseren Glauben in einer dämonischen Welt zu leben, in einer Welt, die sich von Gott und seinem Gebot der Liebe entfernt hat.
In unserer Geschichte kommen wir Menschen oft zu einem Punkt, wo wir „nein“ zu Gott sagen und „ja“ zum Dämon, wo wir Gott ablehnen, wo wir seine Nähe ablehnen, seine Güte ablehnen, seine Allmacht ablehnen und stattdessen beginnen, dem gefallenen Engel Satan, dem Geist der Dunkelheit zuzuhören und zu gehorchen.
Heute ist diese Verneinung von Gott weit verbreitet und das Ausmaß dieser Verneinung lässt uns erschaudern, macht uns Sorge um uns und um die, die uns nahe stehen.
Die Rebellion gegen Gott passiert mehr und mehr im sozialen, kulturellen und politischen Kontext unserer Zeit. Wir sehen sie in unseren Institutionen, in unseren Gesetzen, aber auch in unserer Kultur, in Musik und Unterhaltung. Überall sehen wir den Beweis dieser Rebellion. Sie ist sozusagen die Luft, die wir atmen. Die Werte, die bisher der Gütestempel der jüdisch-christlichen Tradition gewesen sind, werden nicht mehr geachtet. Sie werden ins Lächerliche gezogen. Menschen, die keinen Glauben mehr haben, die ihren Glauben verloren haben, sagen uns, dass Gott eine Illusion sei, ein Mythos, Folklore einer unwissenschaftlichen Vergangenheit.
Wir sehen diesen heimtückischen und raffinierten Angriff auf unseren Glauben in den sozialen Netzwerken, denen wir beständig ausgesetzt sind. Ständig versuchen uns Stimmen dazu zu überreden, die Welt aus einer anderen Sicht zu sehen, die Wirklichkeit in einer anderen Weise zu sehen, wo die Grundsätze des Glaubens keine Rolle mehr spielen: eine Welt ohne Gott, ohne Jesus Christus.
Vor allem sehen wir diese dämonische Ablehnung von Gott auf einer ganz alltäglichen Ebene bei so vielen Mitmenschen, bei unseren Nachbarn, sogar bei Familienmitgliedern. Menschen, die sich selbst als christlich bezeichnen, sind so stark von den Kräften des Bösen beeinflusst, dass sie sich heute schändlich verhalten und so leben, als ob Gott nicht existieren würde, als ob seine Existenz keine Rolle spielte.
An Stelle des einzigen Gottes – des Gottes des Lebens, der Wahrheit, der Güte, der Schönheit, der Liebe – bevorzugen sie Idole, verehren sie Idole, die ihnen Satan und die gefallenen Engel anbieten. Dies sind vor allem Idole der Mode, des Vergnügens, des Geldes, des Ehrgeizes und der Macht. Kurz gesagt: es sind falsche Götter, einer schlimmer als der andere.
Wir, die wir den wirklichen Gott kennen, wir erkennen in diesen Idolen, was sie tatsächlich sind, besonders in Zeiten, in denen wir Menschen Leid, wirkliche Not, Tragödien, Verluste und – vor allem – Tod erfahren. Wir, die wir gläubig sind, wissen sehr wohl, dass dieses großartige und schöne Leben, das uns von Gott geschenkt ist, sich in Not, in teuflisches Elend und Verzweiflung verwandelt, wenn wir Gott ablehnen und so leben, wie wenn es keinen Gott gäbe.
Hl. Michael - wie Gott. Wir verstehen jetzt, warum wir den Erzengel Michael bitten wollen uns zu helfen, damit wir die teuflischen Kräfte erkennen und bekämpfen. In Demut und vertrauensvoller Beharrlichkeit wollen wir mit ihm immer an der Seite des wahren Gottes sein, des Gottes, der uns erschaffen hat und uns durch das Blut seines Sohnes Jesus Christus erlöst hat. Wir wollen auf der Seite von Jesus Christus und seinen Engeln sein, wir wollen gläubig sein und unseren Herrn nie verleugnen.
Jesus Christus steht im Zentrum der Engel, wie es im Bild des heutigen Evangeliums von Jesus selbst verdeutlicht wird: die Engel werden auf- und absteigen über dem Menschensohn.
Hl. Michael – wie Gott. Er ist der Patron dieser deutschsprachigen Gemeinde, dieser katholischen Gemeinde, die ihre Existenz in der Überzeugung begründet sieht, dass Gott existiert, die sich Gott zuwendet, die sich mit Entschlossenheit allem widersetzt, was gegen Gott und gegen Gottes Willen handelt.
Es ist das Blut Christi, das uns auch die Kraft gibt, wie wir in der ersten Lesung gehört haben, um gegen das Werk des Dämons zu kämpfen, das uns umgibt, Kraft, um uns für Gott und seine heiligen Wege einzusetzen. Es ist das Blut unseres Erlösers, das in uns lebendig sein wird, dass wir Böses mit Gutem bekämpfen und das in unsere traurige Welt das Bewusstsein des wahren Gottes bringt, des Gottes der Wahrheit und der Liebe.
In diesem Geiste vertrauen wir uns in besonderer Weise dem Schutz des hl. Michaels an. Wir bitten ihn, uns und unsere Lieben zu unterstützen, wir bitten ihn, uns vor Gefahren zu schützen, dass wir mit Mut und Entschlossenheit leben können, dass wir wie jene Engel leben können, in deren Lebensmittelpunkt Christus, der Retter der Welt steht.
Wir bitten darum im Namen des Herrn, der lebt und regiert in Ewigkeit. Amen. |